
Es bleibt dabei: Wer in Deutschland mit einem Fernzug fährt, braucht weiter nicht nachzuweisen, dass er geimpft, genesen oder negativ auf das Coronavirus getestet ist. Vorerst wird es keine entsprechende Nachweispflicht in ICE- und Intercity-Zügen geben. Die Einführung der 3G-Regel werde derzeit nicht weiterverfolgt, erklärte am Freitag die Bundesregierung.
Nach regierungsinterner Prüfung sei übereinstimmend festgestellt worden, dass eine solche Auflage »weder rechtlich möglich noch praktikabel« sei, teilte das Verkehrsministerium mit. »Für 3G in Zügen fehlt die Rechtsgrundlage«, heißt es. »Zudem stünde die Kontrolle einer solchen Maßnahme einem den Nutzen nicht zu rechtfertigenden Aufwand entgegen.«
Die Bundesregierung, die auch Eigentümerin der Deutschen Bahn ist, hatte im August mitgeteilt, 3G-Vorgaben für Fernzüge und Inlandsflüge zu prüfen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) hatten sich dafür eingesetzt. Solche Regeln gelten bereits für bestimmte Innenräume, etwa für Veranstaltungen und die Gastronomie.
Regierungssprecher Steffen Seibert machte deutlich, falls sich die Coronalage wieder deutlich verschlechtern sollte, wäre es geboten, über mögliche zusätzliche Maßnahmen nachzudenken – egal, ob das dann die noch amtierende Bundesregierung oder eine neue betrifft. Dank der Impfungen und 3G-Vorgaben in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens sei eine gewisse Stabilisierung erreicht worden.
Der Virologe Christian Drosten allerdings hält das aktuell vergleichsweise ruhige Infektionsgeschehen für ein vorübergehendes Phänomen. Es sei schon zu sehen, dass in ostdeutschen Bundesländern die Inzidenz offenbar unabhängig vom Ferienende wieder Fahrt aufnehme. »Ich denke, da deutet sich jetzt die Herbst- und Winterwelle an, die wir im Oktober wohl wiedersehen werden«, sagte der Wissenschaftler von der Berliner Charité im NDR-Podcast »Coronavirus-Update«.
Verkehrs-, Gesundheits- und Innenministerium hatten bereits in einem Papier von Ende August Bedenken gegen die Einführung von 3G in Fernzügen deutlich gemacht. Fahrgäste würden in Deutschland nicht beim Einstieg kontrolliert und müssten sich nirgendwo registrieren oder einen festen Sitzplatz reservieren.
»Eine Kontrolle beim Einstieg ist aufgrund der kurzen Haltezeiten ausgeschlossen.« Auch während der Fahrt finde weder im Fern- noch im Nahverkehr eine vollständige Ticketkontrolle statt.
Wo 3G in Fernzügen funktioniert
In anderen europäischen Ländern dagegen wird 3G in Fernzügen umgesetzt. In Frankreich müssen Reisende seit dem 9. August einen solchen digitalen Gesundheitspass haben. Der Nachweis wird beim Einsteigen, aber auch während der Fahrt überprüft. Kontrolliert wird stichprobenartig. Die Akzeptanz der Fahrgäste sei gut, sagte Anfang September Jean-Pierre Farandou, Vorstandsvorsitzender der französischen Eisenbahngesellschaft SNCF. »Mehr als 97 Prozent der Reisenden haben einen gültigen Pass sanitaire.«
Die Franzosen setzen auf den abschreckenden Charakter – und der besteht für Menschen ohne Nachweis darin, entweder nicht fahren zu können oder 135 Euro Strafe zahlen zu müssen.
In Italien wird seit 1. September in Fern-, Hochgeschwindigkeits- und Intercityzügen der sogenannte Grüne Pass verlangt – ein digitaler oder ausdruckbarer Nachweis über eine Impfung, einen negativen Test oder dass man genesen ist. Laut Betreiber Trenitalia kontrolliert das Zugpersonal, ob man ihn dabeihat.