
»Wie auch immer Sie ›cool‹ definieren, Nørrebro hat es.« Das schreibt das Magazin »Time Out« über den Platz eins seines Rankings der »world’s coolest neighbourhoods in 2021«. Gewinner ist ein Viertel in Kopenhagen, das die Jury durch seine »schillernde Mischung aus historischen Sehenswürdigkeiten, ultramoderner Architektur und gastronomischen Einrichtungen« überzeugt.
Das Magazin »Time Out« einer britischen Mediengruppe hat weltweit 27.000 Stadtbewohner befragt, dazu ihre Redakteure und Redakteurinnen vor Ort – und daraus zum dritten Mal ein Ranking von insgesamt 49 Vierteln erstellt. Es unterscheidet sich von dem vor der Pandemie, schreiben sie. Denn auch wenn Nachtleben, Kultur und Essengehen nach wie vor wichtig sind – Lebensgefühl, Resilienz und Nachhaltigkeit sind es inzwischen ebenso.
Jetzt, da nach und nach die Beschränkungen durch Coronamaßnahme gelockert und Grenzen geöffnet werden, »hoffen wir alle vorsichtig auf so etwas wie ein besseres Normal«, schreiben die Autoren. »Trotz aller Widrigkeiten haben sich die Menschen in den Vierteln zusammengetan, haben Zeit zusammen verbracht, haben etwas auf die Beine gestellt. Die Gemeinden haben eine Energie, Widerstandsfähigkeit und einen Erfindungsreichtum an den Tag gelegt, die vergleichbar sind mit dem, was sie überhaupt erst entstehen ließ. Sie haben überlebt.«
Toffee in Seoul, Sterneküche in Leith
»Time Out« wirft daher für jedes Viertel einen Blick zurück und einen Blick nach vorn. Im Kopenhagener Nørrebro etwa entstanden in den Coronajahren 2020 und 2021 neue Bäckereien, Restaurants und Naturweinbars mit Schwerpunkt auf lokale, saisonale Produkte. Die Nørrebrogade wurde an autofreien Sonntagen zur Livemusikbühne und zum Flohmarkt, und die interaktive Kunstausstellung »Usynlige Stier«, Unsichtbare Wege, belebt das Viertel. Im Juni 2022 wird Distortion, eine stadtweite Party, auch in Nørrebro gefeiert.
Die weiteren Top Ten des Rankings reichen von Chicago (Andersonville) über Vilnius (Station District) bis Melbourne (Richmond). Der wahre Charme von Jongno 3-Ga in Seoul (Platz drei) liege an den »alten Männern, die sich im Tapgol-Park um Baduk-Bretter scharen, den Straßenhändlern, die auf dem Songhae-gil traditionelles Toffee verkaufen, den Schmuckgeschäften, den Restaurants mit nordkoreanischem Essen und den vielen versteckten Cafés und Bierstuben«, gibt das Ranking an.
Im Viertel Leith in Edinburgh (Platz vier) lässt sich Sterneküche im The Kitchin und im Martin Wishart erleben; zu Dakars Ngor-Viertel (Platz acht) gehört auch die gleichnamige Insel: »ein Labyrinth aus engen, von Bougainvillea gesäumten Straßen, goldenen Sandbuchten, unverwechselbarer Straßenkunst und einzigartiger Architektur«. Und in Sai Kung (Platz neun), dem »Garten von Hongkong«, gibt es jede Menge Biobauernhöfe, Naturkostläden und Zero-Waste-Läden, mit den zahlreichen Kaito-Fähren sind Strände auf nahe gelegene Inseln schnell erreicht.
Auf Platz elf hat es ein deutsches Viertel geschafft – nicht besonders überraschend ist es Neukölln in Berlin. »Kein Stadtteil fängt die Dynamik des modernen Berlin besser ein als Neukölln«, schreibt der in der Hauptstadt lebende Autor Nathan Ma: Trotz vieler neuer Bars und Boutiquen sei die multikulturelle Atmosphäre geblieben, das Viertel zudem ein Epizentrum für Demonstrationen gegen Rassismus und für bezahlbaren Wohnraum.
Er empfiehlt für die Rubrik »Der perfekte Tag«: »Beginnen Sie den Tag mit frischem Gebäck von Le Brot, spazieren Sie dann am Kanal entlang und kehren Sie auf einen Kaffee im Companion ein.« Nach einem Gang etwa durch den Körnerpark und Tempelhof »lassen Sie den Abend mit türkischen Leckereien vom Grill im Örnek Lahmacun Grillhaus ausklingen«.
»Liebeserklärung an die Stadt«
Wann immer in einem Urlaub eine Städtereise ansteht, beginnt die Suche nach dem interessantesten, beliebtesten und belebtesten Viertel: Wo gibt es so viele Museen, Ausstellungen, Konzertbühnen wie möglich auf engem Raum? Wo finden abends die Partys statt, wird alternatives Leben sichtbar? Zum Teil sind das klassische Ausgeh- oder Studentenviertel, zum Teil Kulturviertel oder Viertel, in denen viele Nationen zusammentreffen. Spannend ist daher auch der Rest des Rankings, sobald ein Städtetrip ansteht.
Haut-Marais in Paris zum Beispiel, das »oft übersehene künstlerische Dreieck zwischen Rambuteau, Temple und Saint-Sébastien Froissart«. Zeitgenössische Kunstgalerien, ethisch orientierte Konzeptgeschäfte und unzählige Vintage-Läden haben hier in den vergangenen Jahre eröffnet. Ob Haut-Marais, Noord in Amsterdam, Anjos in Lissabon, Dublin 8 in Dublin – all diese Viertel der Rangliste können schon wieder besucht werden. Viele asiatische Städte sowie die Nummer zehn des Rankings in Melbourne dagegen werden aufgrund von Coronabeschränkungen noch etwas auf Gäste warten müssen.
Vorfreude auf eine Zeit der offenen Grenzen bereitet das Ranking aber schon jetzt. Denn – so formuliert es das Magazin »Time Out« – am Ende ist es eine Liebeserklärung an die fröhlichsten und verspieltesten Seiten der Stadt geworden.